BERICHT EXPERTENTELEFON \"OSTEOPOROSE\" am 12.05.2011

Keine Chance dem Knochenraub

Bei Osteoporose gezielt an der Knochenbiologie ansetzen

Sie ist längst keine Randerscheinung mehr – doch die Behandlung führt immer noch ein Schattendasein: Osteoporose gehört zu den am weitesten verbreiteten Volkskrankheiten. Mittlerweile leidet bald jeder zehnte Deutsche an der chronischen Erkrankung, die mit einem fortschreitenden Abbau der Knochensubstanz einhergeht. Doch bei der Erkennung und Therapie gibt es erhebliches Verbesserungspotential. Obwohl Spezialisten immer wieder darauf hinweisen, dass im Knochenstoffwechsel – vor allem bei Frauen ab den Wechseljahren – über Jahre hinweg ein regelrechter Knochenraub stattfindet, kommt die Behandlung häufig über den Einsatz von Schmerzmitteln nicht hinaus. Wie die große deutsche Versorgungsstudie Bone-EVA belegt, erhält lediglich ein Fünftel der Risikopatientinnen eine gezielte Therapie. Über moderne Behandlungsmethoden informierten namhafte Experten am Expertentelefon.

 

 

 

 

 

 

 

Am Telefon saßen für Sie:

Dr. Oliver Bock, Facharzt und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentrum für Muskel- und Knochenforschung an der Charité Campus Benjamin Franklin in Berlin. Schwerpunkte: Osteologische Sprechstunde, postmenopausale Osteoporose, Osteoporose beim Mann.

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Prof. Dr. Peyman Hadji, Leiter der Klinik für Gynäkologie, Gynäkologische Endokrinologie und Onkologie an der Philipps-Universität Marburg. Schwerpunkte: Gynäkologische Endokrinologie und Osteologie.

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Prof. Dr. Andreas Kurth, Direktor der Klinik für Orthopädie und orthopädische Chirurgie der Universitätsmedizin Mainz, Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie. Schwerpunkte: Rheumatologie, spezielle orthopädische Chirurgie und Osteologie (DVO).

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Dr. Ortrun Stenglein-Gröschel, niedergelassene Orthopädin und Leiterin eines ambulanten osteologischen Schwerpunktzentrums (DVO) in Coburg. Schwerpunkte: Orthopädie, Osteologie, Chirotherapie und Sportmedizin.

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Viele Patienten werden nach Angaben von Prof. Peyman Hadji nicht ausreichend und noch dazu viel zu spät behandelt. Dies hat nach der Einschätzung des Experten vom Uniklinikum Marburg fatale Folgen. Denn besonders bei Osteoporose gilt: Je schneller eine gezielte Therapie begonnen wird, umso besser. Gerade im ersten Jahr nach einem Wirbelkörperbruch sei die Gefahr für weitere Brüche besonders hoch.

Mangelnde Therapietreue verhindert den Behandlungserfolg

Die schlechte Therapiesituation ist auch für Experten unbefriedigend. Denn „inzwischen existieren zur Behandlung von Osteoporose gut wirksame Medikamente, mit deren Hilfe bis zu 68 Prozent der Wirbelbrüche verhindert werden können“, betont Dr. Ortrun Stenglein-Göschel, niedergelassene Orthopädin in Coburg. Bei einer Behandlung mit Standardpräparaten wie Bisphosphonaten, zu denen es in der Vergangenheit kaum Alternativen für eine effektive Behandlung gab, ist allerdings eine regelmäßige Einnahme einmal pro Woche oder einmal pro Monat unerlässlich. Aufgrund der Einnahmemodalitäten und häufig auch wegen Verträglichkeitsproblemen würden sie aber nicht zuverlässig über einen ausreichend langen Zeitraum eingenommen, weiß Prof. Hadji.

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Lediglich jede zweite Patientin nähme ihre Medikamente regelmäßig, beklagt der Marburger Osteoporose-Experte. Entsprechend steigt das Risiko für weitere Knochenbrüche. Doch die mangelnde Therapietreue könnte bald der Vergangenheit angehören. „Seit fast einem Jahr ist ein neues Medikament verfügbar, das einen vollständig anderen Wirkmechanismus aufweist und direkt in die gestörte Knochenbiologie eingreift“, so Prof. Hadji. „Das innovative Medikament mit dem Wirkstoff Denosumab wird als Halbjahresspritze verabreicht und ist gut verträglich.“

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Gezielt Knochen abbauende Zellen

Im Vergleich zu allen anderen Osteoporose-Medikamenten wirkt es direkt und zielgerichtet am Ort des Geschehens im Knochen und blockiert den zentralen Botenstoff RANK-Ligand, der normalerweise die Knochen abbauenden Zellen, die sogenannten Osteoklasten, aktiviert. Auf diese Weise hemmt es den Knochenabbau. Der Wirkstoff wurde in verschiedenen klinischen Studien an über 10.000 Patientinnen auf seine Wirksamkeit und Sicherheit getestet. So konnte gezeigt werden, dass er die Knochendichte erhöhte und das Risiko für Hüft-, Wirbelkörper- und sonstige Frakturen senkte. Die Anwendung als Halbjahresspritze ist eine patientenfreundliche Alternative zu einer regelmäßigen Medikamenteneinnahme. Prof. Hadji: „Patientinnen mit Osteoporose sollten ohnehin mindestens zweimal im Jahr ihren Arzt aufsuchen, so dass ein Arztbesuch alle sechs Monate keine zusätzliche Belastung darstellt.“

Rohstoffe für den Knochenaufbau

Begleitend empfiehlt es sich bei jeder Osteoporose-Therapie, Vitamin D (1.000 – 2.000 I.E./Tag) und Calcium (ca. 1.000 mg/Tag) als Rohstoff für die Knochen aufbauenden Zellen – die Osteoblasten – einzunehmen. Um die Behandlung zu unterstützen, sollten Patienten zusätzlich physiotherapeutische Maßnahmen in Anspruch nehmen. „Nicht nur zur Linderung der Beschwerden, sondern auch zur Kräftigung der Muskulatur, zur Verbesserung der Beweglichkeit sowie zur Verringerung des Sturzrisikos“, erklärt Dr. Oliver Bock. Auch ein regelmäßiges Bewegungstraining ist ratsam. Dabei sollten die Übungen dem eigenen Leistungsvermögen entsprechen und möglichst ausgewogen sein. „Das schließt immer Übungen zur Verbesserung der Balance, der Dehnung, der Muskelkraft und der Muskelleistung gleichermaßen ein“, weiß der Facharzt von der Berliner Charité. Elemente aus dem Tai-Chi und gelenkschonendes Ausdauertraining wie Walking, Schwimmen oder Radfahren hätten sich ebenfalls bewährt.

Generell ist es für Osteoporose-Patienten wichtig, mit dem behandelnden Arzt über die Therapie zu sprechen und Termine für die Weiterbehandlung zu vereinbaren. 

Weitere Informationen für Interessierte:

  • www.osteoporose.de – Allgemeine Informationen
  • www.osteoporose.org – Umfassende Tipps vom Kuratorium für Knochengesundheit e. V.
  • www.netzwerk-osteoporose.de – Hilfe zur Selbsthilfe
  • www.dv-osteologie.org – Patientenleitlinie zum Download und Kontaktadressen
Quelle: deutsche journalisten dienste (djd),
Gesundheitsthemen